Donnerstag, 1. September 2011

Falkengrund und Das Haus Anubis

Vor fast zwei Jahren sprach mich jemand, der Falkengrund kannte, auf die TV-Serie „Das Haus Anubis“ an, die damals im Kindersender Nickelodeon anlief und sich mittlerweile größter Beliebtheit erfreut. Die Serie habe ein sehr ähnliches Konzept – ich solle da unbedingt mal reinschauen.

Inzwischen habe ich mir die erste Staffel auf DVD zugelegt. Für alle, die es nicht wissen: „Das Haus Anubis“ ist eine Daily Soap für Kinder und Jugendliche, in der sich die Genres Liebe, Schule und Grusel treffen. Im Mittelpunkt steht ein düsteres Haus, ein Internat, eben das Haus Anubis. Dort wohnen acht Gymnasiasten, bekocht von der lieben, vollschlanken Köchin Rosie und überwacht von dem strengen und unheimlichen Verwalter Victor.

Die Serie stammt ursprünglich aus Belgien, wo sie im September 2006 unter dem Titel „Het Huis Anubis“ startete. Für den deutschsprachigen Raum wurde sie mit deutschen Darstellern in den Originalkulissen nachgedreht. Hierzulande läuft sie seit September 2009. Die Medienpräsenz der Serie ist enorm – neben DVDs und Büchern sind auch Spiele, Zeitschriften, Hörspiele und viele Merchandising-Produkte erhältlich.

Es wird mir niemand verdenken: Für mich hat sich natürlich sofort die Frage gestellt, ob zwischen Falkengrund und „Das Haus Anubis“ eine Verbindung besteht, oder konkreter ausgedrückt, ob die Erfinder der Serie sich eventuell von meiner Serie inspirieren ließen. Möglich wäre es ja – schließlich startete Falkengrund erstmals im Januar 2005, rund zwanzig Monate, bevor „Het Huis Anubis“ in Belgien das Licht der Welt erblickte. „Het Huis Anubis“ dürfte während der Laufzeit von Falkengrund konzipiert worden sein …

Um es gleich klarzustellen: Es geht hier nicht um den Vorwurf des Plagiats! Selbst wenn einer der Macher von „Het Huis Anubis“ Falkengrund gekannt haben sollte, hat er die Serie keineswegs kopiert. „Das Haus Anubis“ hat eine vollkommen eigenständige Handlung, eigenständige Charaktere und eine andere Zielgruppe. Natürlich ist es immer möglich, dass zwei Menschen unabhängig voneinander ähnliche Ideen entwickeln. Außerdem war Falkengrund ja nur eine eBook-Serie, von der die allermeisten Menschen, zumal außerhalb Deutschlands, nie etwas gehört hatten.

Trotzdem – Falkengrund wurde zigtausendfach heruntergeladen und war auch auf Hunderttausenden von Shareware-CDs enthalten, könnte also durchaus die Aufmerksamkeit eines der deutschen Sprache mächtigen Belgiers erregt haben. Und: Es gibt eine Menge interessanter Parallelen zwischen den beiden Geschichten.

Sehen wir uns ein paar davon an (Achtung, Spoilergefahr!):

1. Falkengrund startet (nach einer Art Prequel, in dem es um Filmrollen geht) damit, dass ein neuer Student (Artur) per Taxi nach Falkengrund kommt. Artur ist ein netter, schüchterner Kerl, der sich in den ersten Tagen ungewollt unbeliebt macht, weil er zuerst mit einem Unfall, dann mit einem Mord in Verbindung gebracht wird. – „Das Haus Anubis“ startet damit, dass eine neue Schülerin (Nina) per Taxi zum Haus Anubis kommt. Nina ist ein nettes, schüchternes Mädchen. Sie macht sich ohne eigenes Verschulden unbeliebt, weil man sie mit dem Verschwinden einer anderen Schülerin in Verbindung bringt.

2. In der Falkengrund-Serie haben alte Filmrollen und die Einzelbilder davon eine wichtige Funktion. In „Das Haus Anubis“ tauchen immer wieder alte Tonrollen (was ist das?) mit geheimnisvollen Botschaften auf, außerdem stehen in den neueren Folgen eine altertümliche Kamera und die damit geschossenen Fotos im Fokus.

3. Auf Schloss Falkengrund gibt es mitten im Wohntrakt der Studenten am Ende des Flurs eine verschlossene Tür, hinter der der Geist des Barons von Adlerbrunn eingesperrt ist. Niemand darf sie öffnen. Im Haus Anubis gibt es mitten im Wohntrakt der Schüler am Ende des Flurs eine verschlossene Tür, die auf den Dachboden führt, wo es angeblich spuken soll. Niemand darf sie öffnen.

4. Auch der Keller ist in beiden Serien für die Schüler tabu. In Falkengrund hat dort Dr. Konzelmann sein Labor eingerichtet, im Haus Anubis unterhält der Verwalter Victor ebenfalls ein geheimes Labor im Keller.

5. Die Schule auf Falkengrund hat im Laufe der Serie mit handfesten finanziellen Problemen zu kämpfen, und auch das „Haus Anubis“ wird ab Episode 220 vom Gerichtsvollzieher besucht und schließlich sogar geräumt.

6. Falkengrunds Vize-Rektor Sir Darren Edgar ist streng, herrisch und in seinen Fünfzigern wie der Rektor der Schule, Hubert Altrichter, in „Das Haus Anubis“ und ähnelt diesem auch äußerlich. Die Kolleginnen Margarete Maus (Falkengrund) und Doris Engel (Das Haus Anubis, im belgischen Original „Ellie van Engelen“) sind in ihren Vierzigern.

Man sieht schon, in welche Richtung das führt. Erscheinen die ersten Übereinstimmungen noch frappierend und könnten auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Serien hinweisen, sind Ähnlichkeiten zwischen Personen hingegen wenig aussagekräftig. Sowohl bei Falkengrund als auch beim Haus Anubis tauchen gewisse Menschentypen (man könnte beinahe sagen: Archetypen) auf. Hier kommt es zwangsläufig zu Überschneidungen. Natürlich haben Falkengrund und „Das Haus Anubis“ einen nervtötenden Spaßvogel zu bieten (Harald bzw. Felix), natürlich gibt es ein bildschönes exotisches Mädchen (Sanjay vs. Mara), natürlich steht der strengen, ältlichen Lehrerfigur (Sir Darren/Hubert Altrichter) ein junger, lockerer, sympathischer, lebensbejahender Lehrer gegenüber (Salvatore bzw. Luka), natürlich ist die Köchin (Ekaterini/Rosie) dicklich und eine gute Seele, der Hausmeister oder Verwalter Werner bzw. Victor ist in beiden Serien glatzköpfig (aber nicht im belgischen Original “Het Huis Anubis“!), usw.

Nüchtern betrachtet lässt sich folgendes sagen: Aufgrund der ähnlichen Grundidee, der zeitlichen Nähe und einiger Übereinstimmungen wäre es gut denkbar, dass der Erfinder von „Das Haus Anubis“ Falkengrund kannte und davon inspiriert wurde. Beweise, dass dies mit Sicherheit so gewesen sein muss, gibt es aber keine.