Sonntag, 19. Dezember 2010

Giveaway-Grusel – wieso ist Falkengrund eigentlich kostenlos?

Manche meiner Leser sind einfach nur glücklich, Falkengrund gratis lesen zu können. Andere reagieren überrascht und versichern mir, dass sie gerne auch etwas dafür bezahlen würden. Einige zeigen sich sogar ein wenig empört darüber, dass ich die Geschichten umsonst verschleudere.

Über alle diese Reaktionen freue ich mich.

Natürlich veröffentliche ich Falkengrund nicht deshalb kostenlos, um jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen. Auch schwimme ich nicht im Geld oder leide unter Langeweile. Hinter der Gratis-Kampagne steht ein Konzept mit klaren, teilweise egoistischen Zielen. Deshalb soll auch niemand ein schlechtes Gewissen haben, der Falkengrund kostenlos liest.

Mit der, äh, günstigen Bepreisung der Serie verfolge ich drei Ziele:

1. Ich möchte gelesen werden.

Autoren reden im Allgemeinen nicht gerne darüber, damit sie nicht für eitel gehalten werden, aber ich schätze, 98,3 Prozent aller Schriftsteller haben Spaß an dem Gedanken, dass da draußen gerade jemand eine ihrer Geschichten liest. Im Moment des Schreibens schreibe ich für mich, aber wenn die Story fertig ist, möchte ich jemanden damit gruseln, faszinieren, unterhalten. Je mehr Leser Falkengrund verfallen, desto glücklicher bin ich – so einfach ist das.

2. Ich versuche, eine gewisse Popularität zu erlangen, um zu einem späteren Zeitpunkt etwas besser von der Schriftstellerei leben zu können, als mir das im Augenblick möglich ist.

Die Romanschreiberei ist ein schwieriges Geschäft. Die meisten Schriftsteller kennen das: Man arbeitet über Monate, Jahre hinweg an einem Buch, schafft es vielleicht sogar, es in einem mittleren oder großen Verlag zu veröffentlichen, wird interviewt und besprochen, zu Lesungen eingeladen, erhält von Kritikern und Lesern gute bis begeisterte Kritiken, glaubt sich am Ziel und müsste eigentlich glücklich sein. Trotz allem verkauft man aber nur so wenige Exemplare, dass man davon unmöglich existieren kann. Ich habe es selbst erlebt: Fünf Monate Arbeit, Veröffentlichung bei einem großen Verlag, überschwängliche Leserbriefe und Rezensionen, weniger als tausend Verkäufe. Das sind nicht einmal 200 Euro Einkommen pro Monat – wie soll das funktionieren?

Es gibt tausende guter Belletristik-Autoren im deutschsprachigen Raum, die durchaus veröffentlicht und gelesen werden, aber die allermeisten publizierten Romane verkaufen sich nur einige hundert oder einige tausend Mal, und ein Autor erhält selten mehr als einen Euro Honorar pro verkauftem Buch, oft weniger. Dadurch entsteht ein Paradoxon: Während es hierzulande tausende Verleger, Redakteure, Lektoren, Agenten, Drucker, Bibliothekare und Buchhändler gibt, die von ihrer Arbeit leben können, gelingt das den meisten Autoren niemals.

Seien wir ehrlich: Leser lesen zunächst einmal Bücher von Autoren, die sie kennen. Selbst wenn man ein, zwei Mal enttäuscht worden ist, hält man sich lieber an die gewohnten Namen. Neue Autoren ärgern sich naturgemäß darüber, aber so läuft es eben. Ich habe jedes Verständnis für dieses Leseverhalten – mir selbst geht es nicht anders. Um gekauft zu werden, muss man also vor allem bekannt sein. Falkengrund soll alle Leser von fantastischer, unheimlicher oder spannender Literatur da draußen dazu verführen, es mal mit dem Schriftsteller Martin Clauß zu versuchen. Und irgendwann … zack! … schnappt die Falle zu, und du kannst nicht mehr raus und wirst dein Leben lang Bücher kaufen, auf denen mein Name draufsteht.

Harharhar! Harhar ….

3. Wie ich schon im allerersten Post schrieb, vertrete ich die Meinung, im eBook-Format sollten nicht nur Texte erscheinen, die bereits in gedruckter Form verfügbar sind. Das würde bedeuten, die Möglichkeiten des neuen eBooks aufs Technische zu beschränken. Was das eBook wirklich interessant macht, ist sicher nicht, dass man plötzlich auf einem Bildschirm lesen kann. Ich sehe im eBook auch ein Werkzeug für Indie-Texte. In den USA gibt es bereits ein großes Angebot von reinen eBook-Autoren. Viele davon veröffentlichen ohne Verlag. Zunächst werden Nischen bedient, Experimente gemacht. Einige dieser Nischen und Experimente wachsen und wachsen, bis sie Zehntausende oder Hunderttausende von Lesern finden. Und plötzlich ist nichts mehr zwischen Leser und Autor, keine Verlage, deren Vorstellungen sich die Autoren unterwerfen müssen, keine Buchhändler, von deren Bereitschaft und Meinung der Erfolg eines Buches abhängt. Es kommt zusammen, was schon lange zusammen gehört: Lesen und Schreiben.

Falkengrund ist nicht nur eine Gruselserie. Es ist auch ein kleiner Anstoß, um im deutschsprachigen Raum eine neue Art des Lesens und Schreibens zu etablieren.

1 Kommentar:

  1. Hallo Martin Clauß,
    ich habe die Reihe "Falkengrund" beim Stöbern im Internet entdeckt. Mißtrauisch wie alle anderen Leser auch, habe ich nur Teil 1 heruntergeladen. Nur mal schnuppern, sicherheitshalber, damit man nichts verpasst. In kurzer Zeit war ich bei Teil 10. Also ich denke, die hier beschriebene Vorgehensweise ist genau richtig.
    Ich wünsche weiterhin viel Erfolg und künftig gibt es für mich nun einen Autoren-Namen mehr, auf den ich achte.

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